Mit Bravour zum Abitur
Eigentlich wollte ich diese Zeilen gar nicht schreiben, eigentlich sollte ich überhaupt nicht schreiben, sondern ganz woanders der unbeschwerten Wonne jener Jahreszeit beiwohnen, welche sich urplötzlich zum Besten gab, lediglich um Augenblicke später allen Anwesenden mit der kalten Schulter wieder Lebewohl zu sagen. Denn: Auch wenn es ein jeder nur sieht, ob durch die Scheibe am Fenster oder die der Glotze, und davon hört oder liest, wie etwa diesem Blog hier, aber es ist Frühling. Ja, Sie lesen richtig. Frühling, die Zeit der Bienen, Blüten und Birkenpollen. Die manifestierte Ekstase, die für Schmetterlinge im Bauch und ein Jucken an der Nase sorgt; ein wohliges und altbekanntes Kribbeln am ganzen Körper – „Der Frühling ist die schönste Zeit!“ hatte schon von Droste-Hülshoff vor 200 Jahren postuliert.
Aber ich sage Ihnen etwas, das ist sie gar nicht! Zumindest jetzt gerade, wenn ich mit der Tastatur diese Worte im fahlen Schatten der eigenen vier Wände eintippe, wo ich doch viel lieber das kokette Treiben zwischen Flora und Fauna mehr abgewinnen könnte oder wenigstens das Abblitzen meiner Katze dem Nachbarskater gegenüber, während sie mit ihren kleinen Tigerpranken links und rechts seine Balzversuche demonstrativ und gnadenlos ein Ende bereitet: Witsch-watsch macht es – feines Mädchen!
„Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe“ (Tucholsky), murmeln Sie sich bestimmt gerade zu Recht. „Alles schon einmal gesehen“, brummt der Hausbewohner nebenan Ihnen durch sein Fenster zurück. Ja, das frivole Leben in den städtischen Hinterhöfen oder in den Grünanlagen geht weiter, nur hat sich unsere Perspektive, aus der wir alles betrachten, grundlegend geändert: Zwischen uns und der Welt da draußen gilt fortan, Abstand zu halten. Aus Mangel an Respekt zum Abstand und Anstand gegenüber Mensch und Natur besitzt gerade das Letztere nun das Privileg, mit Anstand von uns abzustehen.
Aber was schert es uns wenige, die wir doch eh zu Hause seufzend und plärrend mit ausgebreiteten, oberarmdicken Büchern und eselsohrzerkauten Heftern dem Mond bis zum Morgengrauen Gesellschaft leisten, in der Hoffnung, die letzten 3 Jahre nicht als eine post-juvenile Zeit des Vergebens und Vergessens in unseren Memoiren auszudrücken. Sie lesen wieder richtig! Schüler, die lernen. Ob freiwillig und gerne oder so gar nicht gerne und eher auf eine mögliche, schlechte Note schielend, sei dahingestellt. Das Abitur, der Zenit der schulischen Laufbahn, bahnt sich seinen unausweichlichen Weg an und ist durch nichts aufzuhalten.
Eine unentbehrliche Entschlossenheit braucht es jetzt, um das unvermeidlich Absehbare mit Courage und erhobenem Haupt entgegenzutreten, indes ein jeder doch wissen sollte, wie entscheidend die nächsten Tage und Wochen für aller Zukunft sein werden. Offenkundig scheint aber die Gewichtung der eigenen Verantwortung vielen nicht geläufig zu sein, und Ignoranz und Jähzorn machen sich breit; will sagen:
Entscheide dich für das Abitur und ernte Anerkennung.
Entscheide dich für einen Lockdown und ernte Kritik.
Ob Schutz oder Schule – immer bedarf es harter Entscheidungen.
So geht es also voran: Frisch, fromm, fröhlich und frei werden sich die Lümmel von der ersten bis zur letzten Bank am 23. April erneut zusammenfinden, wenn das Abitur im Fach Englisch seinen Anfang nimmt. Die Bleistifte sind gespitzt, die Däumchen gedrückt!
Philipp Rix, Klasse 13
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