20. Dezember 2021

Autorinnenlesung mit Rike Reiniger

Literatur zum Anfassen: Die Klassen der Einführungsphase erlebten am 7. Dezember eine ganz besondere Deutsch-Stunde, denn Bühnenautorin Rike Reiniger las aus ihrem Stück „Name: Sophie Scholl“. Es bot sich eine der wenigen Gelegenheiten, einer echten Dramaturgin auf den Zahn zu fühlen.

„Was will uns der Autor damit sagen?“ Wer kennt diese Frage nicht aus dem Deutsch-Unterricht? Jüngst konnten die Schüler*innen der Einführungsphase die Antwort aus erster Hand erfahren. Die Regisseurin und Autorin Rike Reiniger, die in Gießen „Angewandte Theaterwissenschaften“ studierte, besuchte das Abendgymnasium Schwerin, um zu lesen und offenherzig aus ihrem Berufsleben zu erzählen.

Die Lesung begann mit der Frage nach der historischen Widerstandskämpferin der „Weißen Rose“, die den meisten Teilnehmenden ein Begriff war. Wer ist Sophie Scholl? Genau das fragt sich die gleichnamige Protagonistin des Werks, eine junge Jurastudentin. Aufgrund seiner Monologstruktur verlangte das Klassenzimmerstück dem Publikum so einiges ab, denn kunstvoll verschmelzen Szenen aus den Leben beider Frauen, die – so betont die heutige Sophie – nicht mehr miteinander zu tun haben als eine zufällige Namensdopplung. „Die Mutter einer Sophie heiratete einen Herr Scholl“ – so einfach ist das.

Und doch sieht sich die Studentin, die kurz vor ihren Abschlussprüfungen steht, vor eine schwierige Gewissensfrage gestellt: Soll sie Zivilcourage beweisen und gegen ihren korrupten Professor aussagen, auch wenn sie damit ihre ganze Zukunft verspielt? „Ausgerechnet Sophie Scholl hat sich entschieden zu schweigen“, sinniert sie und wird sich der Verbindung zu ihrer Namensvetterin doch bewusst.

Rike Reinigers gelingt es in ihrem Theaterstück, historische Fakten anschaulich zu machen und das Thema der Gewissensfrage ins Heute zu holen. Wie sich die Protagonistin letztlich entscheiden wird, blieb offen und kann im Originaltext nachgelesen werden.

Ebenso interessant ging es nach der Lesung weiter, als die elften Klassen die Chance hatten, ihre brennenden Fragen an die Autorin selbst zu richten. „Wenn ich vor Kindern lese, kommt als erstes immer: `Was verdienst du`“, erklärte Reiniger locker und gab im Anschluss einen Einblick in die Bezahlung eines solchen Auftragswerks. Auch die möglichen Wege zum Beruf des Schreibenden wurden diskutiert.

Text und Fotos: Fr. Dörr

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